Kirche südöstlich von Gießen
Die 1960 errichtete Kirche liegt wenige Kilometer südöstlich von Gießen. Die Wände der Kirche wurden vor ein einigen Jahren Wärme gedämmt. Energetische Schwachpunkte sind die Einscheibenverglasung bei den Fenstern und das ungedämmte Dach, über das viel Wärme verloren geht.
Der Gottesdienst findet samstags um 18 Uhr statt. Bisher wurde die Kirche mit so genannten Wärmetruhen beheizt, die ein elektrisches Heizregister besitzen. Fällt die Temperatur in der Kirche unter 8 °C, liefern die Wärmetruhen die benötigte Heizenergie. Vor und während des Gottesdienstes wird die Kirche auf 15 °C hochgeheizt.
2013 wurde erstmals über eine zusätzliche Beheizung mit Luftkollektoren nachgedacht, um den Stromverbrauch für die Erwärmung der Luft zu senken. Die Überlegungen konkretisierten sich über die Jahre, bis 2016 beschlossen wurde, eine Luftkollektoranlage mit PCM-Wärmespeicher (Phase Changing Material) zu installieren.
Die nachfolgende Abbildung zeigt das Anlagenschema.
Zwei Kollektoren à 3,5 m² sind vertikal am Kirchturm (35° noch Osten aus der Südausrichtung gedreht) und zwei vertikal an der Längswand der Kirche (55° nach Westen aus der Südrichtung gedreht) installiert. Sowohl im Kirchturm als auch auf der Empore befinden sich je zwei PCM-Speicher, die überschüssige, vom Kollektor kommende Wärme für die Nachtstunden oder sonnenarme Tage zwischenspeichern. Die Schmelztemperatur des Salzhydrats liegt bei etwa 20 °C. Die Temperaturspreizung des Wärmespeichers liegt zwischen 10 und 30 °C. Steigt die Temperatur im Speicher über 30 °C, strömt die warme Luft am Speicher vorbei direkt in die Kirche. Kann das solare Luftsystem keine Wärme liefern und die Temperatur in der Kirche sinkt unter 8 °C, nehmen die Wärmetruhen ihren Dienst auf.
Die nächsten drei Abbildungen zeigen die drei möglichen Betriebsmodi der beiden Anlagen:
- Aufheizen des Wärmespeichers und Beheizen der Kirche
- Direkte Beheizung der Kirche unter Umgehung des Wärmespeichers
- Beheizen der Kirche mit Hilfe des PCM-Wärmespeichers
In den Monaten nach der Inbetriebnahme wurden letzte Feinjustierungen vorgenommen (z.B. Änderungen an der Regelungsstrategie). Seit Beginn des Jahres 2018 läuft eine wissenschaftliche Untersuchung der Anlage zusammen mit der Hochschule für angewandte Wissenschaft München, Fakultät Energie- und Gebäudetechnik. Es zeichnen sich erste Ansätze ab, wie die Anlage noch effizienter arbeiten kann. Mit endgültigen Ergebnissen ist im Sommer 2019 zu rechnen.
Unterdessen wurde das Projekt Solarthermische Luftkollektoranlage mit PCM-Wärmespeicher, Planung und Realisierung für die Filialkirche St. Matthäus mit dem Umweltpreis des Bistums Mainz ausgezeichnet